Willi Esser ist Sieger des Wanderreitercups 2018
Wanderreitercup 2018: Willi Esser im Gespräch
Längst ist der Name Willi Esser auch über seine Heimat, das Rheinland, hinaus bestens bekannt, steht er doch für einen leidenschaftlichen Islandpferdemann, der sogar oder insbesondere als „Spätberufener“ zum inspirierenden Vorbild für so viele (zumeist jüngere) Mitstreiter geworden ist. 2017 zwickte bei der Erkelenzer Frohnatur die linke Hüfte, kurz nach dem Jahreswechsel war nun die rechte an der Reihe … wir sprachen in seiner Reha in Marmagen mit dem hochmotivierten Willi, der sei reitehrliches Ziel Krankenhaus definiert hat: Rechtzeitig zur WM-Stafette im Sommer auf dem Weg nach Berlin will er wieder fest im Sattel sitzen.
IPZV: Beginnen wir mit einer ganz ungenierten Frage. Wie alt bist Du?
Willi: Das ist doch kein Geheimnis, ich steh’ ja dazu. Gerade am 7. Januar bin ich 84 geworden.
IPZV: Wie lange reitest Du schon Islandpferde?
Willi: Das ist mittlerweile mehr als 20 Jahre her, da hatte ich erst einen schweren Infarkt, dann eine Herz-OP und war anschließend zur Reha in Bad Berleburg. Wie es der Zufall so will, ritt da ganz in der Nähe der Klinik immer ein Mädchen vorbei, und die hatte ein Islandpferd. Das gefiel mir so gut, dass ich mich dann auch zu Hause noch weiter über diese schönen Pferde informiert habe, und irgendwann wollte ich ein eigenes haben.
1997 habe ich einen Jährling gekauft, den hatten Freunde für mich im Saarland ausgesucht, aber im Endeffekt kam ich mit dem nicht so richtig gut klar. Natürlich wollte ich mich aber nicht entmutigen lassen, also hab’ im Jahr 2000 erst noch einen Absetzer gekauft, ein paar Jahre später ein schon ausgebildetes Pferd für mich zum Reiten, und dazu habe ich auch immer ein bisschen gezüchtet. Meine Snotra kam 2008 zu mir und da ging es dann auch los mit den Turnieren.
Ende des Jahres hat sie leider Hufrehe bekommen und ich kann sie momentan nicht reiten, aber letzten Herbst habe ich schon einen sechsjährigen Wallach bekommen - damit habe ich insgesamt fünf Isländer -, mit dem ich so gern nochmal auf’s Turnier möchte. Die Leute sollen mich doch nochmal auf dem Pferd sehen!
IPZV: Vom Turniersport habe wir schon gesprochen, seit wann bist Du auch als Wanderreiter aktiv?
Willi: Das mache ich tatsächlich erst seit etwa zwei oder drei Jahren so richtig intensiv. Gepackt hatte mich die Lust daran aber schon viel früher - als ich damals 2013 in Berlin am Brandenburger Tor dabeiwar. Wenn ich davon erzähle, krieg’ ich immer noch Gänsehaut. Das Erlebnis am Brandenburger Tor, dann der Einritt ins WM-Stadion, das war wirklich sagenhaft … und darum will ich auch jetzt im Sommer unbedingt nochmal nach Berlin.
2015 ging es ja zur WM nach Herning, da bin ich von Lüneburg bis nach Dänemark geritten, das war also eigentlich der offizielle Beginn meines Wanderreitens, wenn man so will. Wie viele Kilometer ich aber in den letzten Jahren genau zurückgelegt habe, kann ich gar nicht genau sagen. Wir haben das immer alles eingereicht, aber für den aktuellen Kilometerstand muss ich dann demnächst nochmal ins Internet gucken.
IPZV: Was war denn außer der Erfahrung von Berlin 2013 bisher Dein größtes Islandpferde-Erlebnis?
Willi: Das ist schon ein paar Jahre her und war in Wickrath, da bin ich nämlich NRW-Meister geworden. Mit meiner Snotra war ich erst als Zehnter gerade noch ganz knapp im B-Finale, dann haben wir erst das gewonnen und später sogar das A-Finale. Einfach super, wenn ich daran zurückdenke.
IPZV: Gab’s denn auch mal ein richtig schräges oder überraschendes Erlebnis?
Willi: Überraschungen hab’ ich mit meiner Snotra so einige erlebt, für eine davon konnten wir aber beide nichts. Das war in Roderath, als sich unser Mitreiter Gerd Schimpe einen ganz besonderen Scherz mit uns erlaubt hat. Snotra und ich waren im A-Finale und der Schimpe war auch dabei. Da bin ich reingeritten und er wusste genau, dass Snotra ein tolles Pferd ist, dass sie aber eins nicht leiden kann - Gerten. Er hat ihr dann, sagen wir, ein bisschen Anschub gegeben, und Snotra und ich sind dann einfach mal vier Runden im Galopp um die Bahn gedüst. Es ist ja alles heile geblieben und Angst hatte ich auf dem Pferd sowieso noch nie, aber das war zumindest ein bisschen schräg.
IPZV: Wie sind Deine Pläne für die Zukunft?
Willi: Im April will ich wieder auf dem Pferd sitzen und bin hier in der Reha auf einem guten Weg. Momentan hab’ ich noch Krücken, aber ich bin zufrieden mit dem Fortschritt, und dann muss ich ja schließlich auch schon wieder üben für den Sommer! Eines kann ich mit Gewissheit sagen: so sehr die Pferde mein Hobby sind, so sind sie auch mein Lebensinhalt und meine große Motivation, gesund zu werden und gesund zu bleiben. Wenn ich die Pferde nicht hätte, wäre ich bestimmt gar nicht mehr. Ich freu’ mich jedenfalls jeden Tag darüber und blicke gern nach vorn.
IPZV: Wir wünschen Dir alles Gute für alle Deine Pläne und freuen uns auf’s Wiedersehen in Berlin.
Interview/Text - Henning Drath
Foto: Marion Heindorf