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FN-Umfrage zu Ausbildung, Turniersport und Pferdehaltung

19.05.16
von Swantje Renken
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Berlin (fn-press). Über 21.000 Teilnehmer, mehr als 100.000 Antworten in den Freitextfeldern: Die Resonanz auf die Online-Umfrage „Wie pferdegerecht sind Ausbildung, Turniersport und Pferdehaltung in Deutschland?“ der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) war riesig.

Erste Ergebnisse wurden Anfang Mai auf den FN-Tagungen in Berlin präsentiert. Inhaltlich ging es in der Umfrage, die von dem auf die Pferdesportbranche spezialisierten Marktforschungsinstitut HorseFuturePanel durchgeführt wurde, um die Ausbildung von Pferd und Reiter, die Kopf-Hals-Position des Pferdes beim Reiten, um den Einsatz der Ausrüstung und Pferdehaltung. „Diese Themen bestimmen seit langem die Diskussion im Verband und in der Öffentlichkeit. Für unsere Verbandsarbeit ist es wichtig, ein repräsentatives Meinungsbild zu diesen Themen zu erhalten. Deshalb haben wir diese Umfrage gemacht“, sagt FN-Generalsekretär Soenke Lauterbach. Und das Angebot, sich mit seiner Meinung in die Diskussion und die Verbandsarbeit einzubringen, nahmen nicht nur viele an. Sie lobten auch ausdrücklich diese Möglichkeit und nahmen sich die Zeit, konstruktiv und sachlich in den Freitextfeldern Vorschläge und Anregungen zu geben. „Wir haben viele Antworten bekommen, die unsere Richtlinien, unsere Reitlehre und unsere Regeln bestätigen. Dabei wird auch der Wunsch geäußert, dass wir noch aktiver, klarer agieren“, fasst Soenke Lauterbach eine Botschaft der Umfrage zusammen. „Die Umfrage enthält auch kritische Antworten, die wir im Einzelfall nicht gerne hören. Wir wären allerdings ein schwacher Verband, wenn wir nicht bereit wä- ren, uns damit auseinanderzusetzen.“

Ausgewertet wurden die über 21.000 Fragebögen – darunter 11.000 Vereinsmitglieder (Mitglieder in örtlichen Reit- und Fahrvereinen), 8.000 Turniersportler und 10.000 Mitglieder in anderen Pferdesportorganisationen oder Nicht-Mitglieder – in drei Gruppen: Vereinsmitglieder der FN, Turniersportler und Nicht-FN-Mitglieder.

Fast jedes Vereinsmitglied kennt die Richtlinien

Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass 85 Prozent der aktiven Pferdesportler unter den Vereinsmitgliedern in der Ausbildung von Reiter und Pferd durch eine andere Person unterstützt werden, ein Drittel davon durch einen Pferdewirtschaftsmeister. 83 Prozent orientieren sich bei der Ausbildung ihres Pferdes an der klassischen Reitlehre. Und dabei nutzen sie auch die Richtlinien für Reiten und Fahren der FN, die nahezu jeder der organisierten Pferdesportler kennt (95 Prozent). Schließlich enthalten sie für 69 Prozent der Richtlinienkenner die Grundlagen für pferdegerechte Ausbildung. 72 Prozent ist die Einhaltung der Richtlinien wichtig. „Das können wir durchaus als Erfolg auffassen“, sagt Soenke Lauterbach. „Es zeigt aber auch, dass wir mit dem, was in den Richtlinien steht, beim Wort genommen werden.“

Kopf-Hals-Position des Pferdes

Vor diesem Hintergrund kam er zu den Ergebnissen, die die vieldiskutierten Themen betreffen. Nur wenige Themen sind in den letzten Jahren so viel, teilweise hochemotional diskutiert worden wie die Kopf-Hals-Position des Pferdes. Die Diskussion für richtig hält auch die deutliche Mehrheit der Vereinsmitglieder. Nur zehn Prozent finden diese übertrieben. „Den Fachleuten ist klar: Die Abbildungen in den Richtlinien stellen immer das Ideal dar und nicht eine dauerhafte Mindestanforderung“, sagt der Generalsekretär. Dieser Anspruch, das Ideal zu erreichen, ist auch bei den Mitgliedern da. Gefragt nach der Qualität ihres eigenen Reitens hinsichtlich der Kopf-Hals-Position geben 60 Prozent der aktiven Pferdesportler selbstkritisch an, sich zu bemühen, dass die Stirn-Nasen-Linie vor der Senkrechten ist, dass sie es aber nicht immer umsetzen können. „Hier müssen wir ansetzen: Wir müssen unsere Mitglieder darin bestärken, das Ideal weiter anzustreben, ihnen aber auch sagen, dass es nicht schlimm ist, wenn das nicht immer gelingt“, sagt Soenke Lauterbach und betont, dass „wir gleichzeitig aber auch deutlich machen müssen, dass wir die sogenannte Rollkur und aggressives Reiten ablehnen.“ Denn: Dass die FN zu wenig gegen das Reiten mit grundsätzlich tiefer und enger Kopf-Hals-Position unternimmt, meinen 69 Prozent der Vereinsmitglieder. Das deckt sich mit der Aussage, dass viele Richter bei der Notenvergabe das Reiten mit deutlich tiefer und enger Kopf-Hals-Position des Pferdes tolerieren – dem stimmten 67 Prozent zu.

Mehr Kontrolle auf den Vorbereitungsplätzen

Eine besondere Bedeutung hat der Turniersport als Aushängeschild und öffentliche Bühne des Pferdesportes. Viele Diskussionen und Kritiken entzünden sich an Bildern auf Vorbereitungsplätzen. Der Verband handelte und veröffentlichte 2014 den Kriterienkatalog für das richtige Reiten auf dem Vorbereitungsplatz. „Aus meiner Sicht eine der großen Errungenschaften der letzten Jahre“, so Lauterbach. Dass laut Umfrage 62 Prozent der Probanden den Kriterienkatalog kennen, „kann uns zunächst zufriedenstellen“. Luft nach oben gibt es aber dennoch. Echte Effekte durch den Kriterienkatalog erkennen die Befragten noch nicht. Nur 15 Prozent meinen, dass es durch ihn zu einer Verbesserung der Vorbereitung der Pferde gekommen ist. 31 Prozent sind zwiegespalten (teils/teils) hinsichtlich des Effektes. Und für 37 Prozent hat der Kriterienkatalog in diesem Sinne nicht genug bewirkt. Eine zentrale Aufgabe mit Blick auf die Verbesserung der Situation auf den Vorbereitungsplätzen wird dabei den Richtern beigemessen: 64 Prozent halten deren Kontrolle des Reitens auf dem Vorbereitungsplatz für nicht ausreichend. „Auch hier müssen wir besser werden und vielleicht auch mit dem, was wir schon machen, besser wahrgenommen werden“, sagt Soenke Lauterbach.

Überschätzter Schlaufzügel

Nicht nur in der Pferdesportöffentlichkeit, auch unter den Experten kontrovers diskutiert ist der Schlaufzügel. Hierzu haben die Vereinsmitglieder eine ganz klare Meinung: 82 Prozent würden den Einsatz auf dem Turnier grundsätzlich verbieten. Anders sieht es aus, wenn nach dem grundsätzlichen Verbot von Schlaufzügeln, auch zuhause im Training, gefragt wird. Dafür sprechen sich nur 45 Prozent der Probanden aus, 22 Prozent sagen teils/teils. Dass die Nutzung von Schlaufzügeln auf dem Turnier nur erfahrenen und qualifizierten Reitern erlaubt sein soll, meinen 33 Prozent, strikt dagegen ist jeder Zweite. Keine Mehrheit findet die Meinung, Schlaufzügel aus Sicherheitsgründen auf dem Vorbereitungsplatz und bei der Siegerehrung zu erlauben. Nur neun Prozent wären dafür. Interessant übrigens: Auch wenn er überall heiß diskutiert wird, spielt der Schlaufzügel im Alltag der meisten Reiter gar keine Rolle. Nur ein Prozent gab an, ihn auf dem Turnier zu nutzen, fünf Prozent setzen ihn regelmäßig im Training ein.

Zwei-Finger-Regel ist bekannt

Einen weiteren Schwerpunkt der Umfrage bildete das Reithalfter. Nahezu jedes Vereinsmitglied (99,9 Prozent) kennt die Zwei-Finger-Regel zur korrekten Verschnallung des Reithalfters. Die meisten (67 Prozent) haben in der Basisausbildung gelernt, wie man welches Reithalfter richtig verschnallt. Dabei halten nur fünf Prozent die Zwei-Finger-Regel für eine schlechte Regel, da das Reithalfter dadurch zu locker sei. Dennoch scheinen nicht alle ihr Wissen anzuwenden: 55 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es in ihrem Umfeld viele Pferdesportler gibt, die das Reithalfter so eng verschnallen, dass kein Platz mehr zwischen Pferdenase und Reithalfter ist.

Meinung zur Bewertung der pferdegerechten Ausbildung

Am besten schätzen die Befragten die Qualität der Ausbildung in ihrem persönlichen Umfeld ein. Nur 18 Prozent finden die Praxis in ihrem Umfeld nicht durchweg pferdegerecht, 44 Prozent der Vereinsmitglieder erleben die Ausbildung dort als generell pferdegerecht, 38 Prozent erleben beides und sagen teils/teils. Dass die FN dem pferdegerechten Ausbilden einen angemessenen Stellenwert einräumt, dieser Aussage stimmen nur 36 Prozent zu, 30 Prozent widersprechen und 28 Prozent sagen teils/teils. „Hier müssen wir besser werden“, appelliert Soenke Lauterbach an die Delegierten.

Freie Bewegung ist unersetzlich

Über die pferdegerechte Haltung wurde schon im Rahmen der FN-Tierschutztagung im letzten Jahr intensiv diskutiert. „In diesem Bereich warten große Herausforderungen auf uns“, so Soenke Lauterbach. Dass Verbesserungsbedarf in Sachen Pferdehaltung besteht, ist auf jeden Fall die Meinung der meisten Vereinsmitglieder. So meinen 69 Prozent, dass die Pferdehaltung von offizieller Seite intensiver überprüft werden sollte Die Kritik richtet sich hier auch an die FN: 42 Prozent stimmen der Aussage zu, dass der Verband einen zu geringen Wert auf die Umsetzung pferdegerechter Haltungssysteme legt. Dem widersprechen nur 22 Prozent (26 Prozent teils/teils). „Unseren Mitgliedern ist die Haltung ihrer Vierbeiner sehr wichtig. Das zeigen uns die Zahlen und auch der Wunsch nach mehr Kontrolle. Mit unserer Kennzeichnung von Pferdesportvereinen und Pferdebetrieben, deren Grundlage die Überprüfung der fachgerechten Pferdehaltung ist, sind wir auf dem richtigen Weg. Dass wir uns damit für pferdegerechte Haltungssysteme einsetzen, müssen wir aber noch offensiver kommunizieren.“ Die Umfrage zeigte auch: Für die Vereinsmitglieder gehört die freie Bewegung zu einer pferdegerechten Haltung. Drei Viertel von ihnen sind der Meinung, dass Training, Führanlage oder Wettkampf die freie Bewegung kaum bis gar nicht ersetzen können.

Nach der Vorstellung dieser Zahlen gab der FN-Generalsekretär einen Ausblick, was nun mit den Umfrageergebnissen passieren soll.

Zunächst werden die detaillierten Auswertungen den relevanten FN-Gremien für ihre Arbeit zur Verfügung gestellt. „Es gibt Ergebnisse, die haben Bedeutung für anstehende Entscheidungen“, sagt Soenke Lauterbach. So wird zum Beispiel seit einiger Zeit im Arbeitskreis Ausrüstung über den Schlaufzügel diskutiert. Dabei geht es um mögliche Änderungen in der Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) 2018. Andere Ergebnisse wie auch zur Pferdehaltung werden für die Gremien, die sich mit der Ausbildungs-Prüfungs-Ordnung (APO) und der Kennzeichnung von Vereinen und Betrieben beschäftigen, oder die Arbeitsgruppen der FN-Tierschutztagung von Interesse sein. Wieder andere sind relevant für die Öffentlichkeitsarbeit.

Eines ist für mich klar: Wir dürfen bei den anstehenden Gremien- und Richtungsentscheidungen nicht fachliche Argumente für eine Mehrheitsmeinung einer Umfrage über Bord werfen. Wenn wir uns allerdings gegen eine Mehrheitsmeinung unserer Mitglieder stellen, muss diese Entscheidung fachlich begründet und sachlich nachvollziehbar sein. Denn sonst sind wir nicht glaubwürdig“, macht der Generalsekretär die Bedeutung der Umfrage deutlich: „21.000 Menschen haben uns ihre Zeit und ihr Engagement geschenkt. Das ist uns zusätzlicher Ansporn und dem werden wir auch Rechnung tragen.“

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